Was ist die Cannabis Normal Konferenz nochmal?
Cannabis Normal! ist die zentrale bundesweite Konferenz zur deutschen Cannabis-Politik und bringt jedes Jahr Expert:innen aus Recht, Medizin, Politik und Zivilgesellschaft zusammen. Hier werden die neuesten Entwicklungen nach der Legalisierung diskutiert – von Fahrerlaubnisrecht bis Social Clubs. Wer verstehen will, wohin sich Regulierung und Praxis wirklich bewegen, findet hier die wichtigsten Updates und Positionen. Die Veranstaltung gilt als Treffpunkt für alle, die Cannabis in Deutschland sachlich, modern und verantwortungsvoll gestalten wollen.
Trowoback: 22.11.2025 CaNoKo 2025
Seit der Legalisierung hat sich im Fahrerlaubnisrecht mehr bewegt als in den zehn Jahren zuvor. Mit § 13a FeV und dem neuen THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml sind die gesetzlichen Vorgaben klarer und transparenter geworden – teilweise aber auch strenger.
Gleichzeitig haben die Gerichte 2024 und 2025 wichtige Leitlinien geschaffen, wann eine MPU wirklich erforderlich ist und wann nicht.
Der folgende Überblick fasst den aktuellen Stand so zusammen, dass Betroffene, Interessierte und Fachleute auf einen Blick erkennen, worauf es jetzt wirklich ankommt.
Vorraussetzungen für die Führerschein-Amnesie (Ohne MPU)

1. Was § 13a FeV seit dem 1. April 2024 regelt
§ 13a FeV legt fest, wann die Fahrerlaubnisbehörde zwingend handeln muss. Die Norm unterscheidet zwei Eingriffsstufen:
Ärztliches Gutachten
→ wenn Tatsachen auf eine Cannabisabhängigkeit schließen lassen.
MPU (zwingend)
→ wenn
- Cannabismissbrauch vorliegt,
- wiederholte THC-Fahrten begangen wurden,
- eine frühere Entziehung wegen Cannabis existiert oder
- zu prüfen ist, ob früherer Missbrauch noch fortbesteht.
Wesentlicher Punkt:
§ 13a FeV ist keine Ermessensnorm.
Sind die Voraussetzungen erfüllt, muss die Behörde eine MPU anordnen.
2. Der neue THC-Grenzwert: 3,5 ng/ml

Seit dem 19. August 2024 gilt:
- ab 3,5 ng/ml THC → Ordnungswidrigkeit
- unter 3,5 ng/ml → keine OWi, aber ggf. Überprüfung der Fahreignung
Medizinisches Cannabis schützt nur, wenn es echt ärztlich verordnet wurde.
Damit wurde erstmals ein wissenschaftlich fundierter Wirkungsgrenzwert gesetzlich verankert.
3. Alte Fälle bleiben alte Fälle – aber ohne neue MPU-Folgen
Die Rechtsprechung (u. a. BVerwG, OVG Niedersachsen) ist klar:
- Für frühere Entziehungen gilt weiterhin die damalige Rechtslage.
- Aber: alte, niedrige THC-Werte können nicht als heutige MPU-Begründung „fortwirken“.

Das bedeutet:
Eine Cannabisauffälligkeit aus vergangenen Jahren führt nicht automatisch zu einer neuen MPU-Pflicht nach 2024 – zumindest nicht, wenn es bei einem einzigen Vorfall blieb.
4. Die neue Kernfrage: Was ist Cannabismissbrauch?

Seit 2024 hängt die MPU-Pflicht bei Ersttätern fast ausschließlich von einer Frage ab:
Liegt Cannabismissbrauch vor?
Denn nur dann ist eine MPU rechtmäßig.
Zwei Grundsätze der neuen Rechtslage:
- Einmalige THC-Fahrt = keine automatische MPU.
- Es braucht Zusatztatsachen.
Was als solche Zusatztatsachen gilt, haben die Gerichte 2024/2025 klarer herausgearbeitet.
5. Was die Gerichte 2024/2025 entschieden haben
5.1. MPU bei Ersttätern – aber nur bei Zusatztatsachen
- VG Minden (22.10.2024)
22 ng/ml THC, Konsum am Morgen → Konsum kurz vor Fahrt → Missbrauch → MPU. - VG München (26.05.2025)
11 ng/ml THC + deutliche Ausfallerscheinungen → Missbrauch → MPU. - VG Berlin (17.09.2025)
21 ng/ml THC, 280 ng/ml COOH, Auffälligkeiten, Manipulationsversuch → Missbrauch → MPU. - VG Osnabrück / OVG Niedersachsen (07.07.2025)
Keine verlässliche Zusatztatsache → keine MPU.
5.2. Der besondere Grenzfall: VG Ansbach (03.01.2025)
Der Fahrer hatte:
- 7,6 ng/ml THC
- keine Ausfallerscheinungen
- einmalige Fahrt
Das Gericht wertete das Fehlen der Auffälligkeiten als Zusatztatsache, nämlich als:
→ Hinweis auf Gewöhnung oder fehlendes Warnempfinden
→ Cannabismissbrauch → MPU rechtmäßig
Diese Entscheidung dürfte künftig besonders relevant werden.
6. Wiederholungstäter: Die klare Linie
Ein zweiter Verstoß unter THC-Einfluss führt immer zur MPU.
VG Kassel (11.04.2025):
Auch geänderte Grenzwerte ändern daran nichts.
Ein erneuter Verstoß macht die MPU zwingend.
Wer zweimal auffällt, hat keinen Spielraum mehr.
7. Was das DGVP/DGVM-Positionspapier bestätigt
Typische Zusatztatsachen sind laut forensischer Medizin:
- THC-Konsum kurz vor Fahrt
- hohe THC-COOH-Werte
- deutliche Rauschsymptome
- Widersprüche zwischen Konsumangaben und Abbauwerten
- Täuschungsversuche
- Fahren am frühen Morgen
- riskante Konsumformen (Bong, Dabbing)
- frühere Alkohol- oder Drogenthematik
Die Gerichte übernehmen diese Kriterien mittlerweile nahezu vollständig.
8. Praktische Folgen
A. Einmalige Fahrt, mäßige Werte, unauffälliges Verhalten
→ meist keine MPU
B. Einmalige Fahrt + Zusatztatsachen
→ hohes MPU-Risiko
C. Wiederholungstäter
→ immer MPU
D. MPU wird nicht beigebracht
→ automatische Nichteignung → Entzug der Fahrerlaubnis
RABBAT – Das Wichtigste in Kürze
Das neue Fahrerlaubnisrecht ist moderner, klarer und ehrlicher geworden.
Cannabis ist legal – Fahren unter THC-Einfluss nicht.
Kernaussagen:
- Eine einmalige THC-Fahrt führt nicht automatisch zur MPU.
- Zusatztatsachen entscheiden – die Behörden schauen sehr genau hin.
- Wiederholungstäter verlieren den Führerschein sicher.
- Eine rechtmäßig angeordnete MPU muss abgegeben werden – sonst ist die Fahrerlaubnis weg.
Kurz gesagt:
Cannabis ist legal geworden. Verantwortung nicht.
